„Unser täglich´ Brot gib uns heute"

Interview mit Bäcker Widmann

„Unser täglich´ Brot gib uns heute" beten wir.

Bäcker Widmann sorgt täglich für Brot auf unsern Tischen. Grund genug, um mich mit ihm und seinem Sohn Philipp in der Backstube auf der Hungerburg zum Interview zu treffen.

Für halb neun morgens hatten wir uns vereinbart, Gerhard und Philipp, euch jetzt freundlich zu fragen: „Hattet ihr eine geruhsame Nacht?", passt nicht, vielmehr muss es heißen: Wie war die Nachtschicht?

Wie immer! Zu der Zeit, wo andere sich Schlafen legen, stehen wir auf und um Mitternacht geht's los: Ich schalte den Backofen an, und der ist schnell auf 200 Grad, richtig kalt wird er sowieso nie. Wir starten die Teigmaschinen, wir – das ist mein Sohn Philipp, unser Geselle und ich. Jeder hat seine Arbeit. Viel geredet wird nicht...

Jetzt will ich aber mit euch reden, denn die Bäckerei Widmann hat bei uns einen Namen! Uns interessiert eure Geschichte, eure Motivation zum Brotbacken und wie´s um euer Geschäft steht.

Mein Großvater hatte zuerst in Jenbach als Bäcker gearbeitet, bevor er in den 60iger Jahren von dort weg ist und und zusammen mit meinem Vater auf der Hungerburg unsere Backstube aufgebaut hat. Bis dahin gab´s hier oben noch keinen Bäcker, dafür drei Lebensmittelgeschäfte und einige Hotels und Pensionen - mehr als heute – und sie waren alle unsere Kunden; allein für die Hungerburg hatten wir zu dieser Zeit eine eigene Lieferfahrt. Mein Bruder Robert und ich übernahmen den Betrieb in den 80iger Jahren. Robert ist mittlerweile in Pension, und im Sommer werden´s elf Jahre, seit unser Sohn Philipp in der Backstube steht.

Wie bist du zum Bäcker geworden?

Mein Vater wollte, dass ich erst etwas anderes als die Bäckerausbildung mache. So hab´ drei Jahre bei Schießling Konditor gelernt. Mir hat das gut getaugt. Doch als Konditor mach´ ich jetzt fast gar nichts. Bäcker wurde ich bei meinem Vater und jetzt bin ich hier hier oben der Bäcker und das seit 35 Jahren.

War dein Vater Bäckermeister?

Ja, zwei, drei Lehrlinge hat er ausgebildet. Die Lehrlinge hatten bei uns gewohnt, denn wie kommst du in der Nacht von der Stadt auf die Hungerburg zur Arbeit? Nach meiner Ausbildung hatte auch ich bald die Meisterprüfung zum Bäcker abgelegt. Zum Bäcker ausgebildet hab´ ich bisher nur meinen eigenen Buben. Schon als Kind hat Philipp immer wieder geholfen, wenn er schulfrei hatte...

Philipp, dein Papa war dein Meister...

Und er ist es noch! Ich war immer sehr von der Arbeit in der Backstube begeistert. Klar, du musst schaun, dass du nicht stehenbleibst. Neben meiner praktischen Ausbildung im elterlichen Betrieb hatte ich an der Berufschule Einführungen in Geräte- und Maschinenkunde, Rohstoffkunde und Backtechnologie. Die Berufschule mit ihrer Bäckerabteilung in der Innstraße ist dafür tiptop eingerichtet.

Ist es für dich eine Frage, warum jetzt du die Bäckerei weiterführen musst?

Müssen tu´ ich´s nicht, ich tu´s freiwillig - und mir gefällt auch das Handwerk gut! Ich arbeite mit meinen Händen, und die Arbeit ist abwechslungsreich. Man kann viele Sachen ausprobieren und immer was Neues machen. Bevor ich irgendwo den ganzen Tag im Büro sitze, mach´ ich lieber mein Handwerk.

Wie sieht die Arbeit aus, Gerhard?

Losgeht's mit kleinen Teigmassen, also Vollkornteige, dann folgt das Schwarzbrot, dann Weißbrot und Semmeln, danach kommt´s Bauernbrot. Schon am Vortag bereite ich dazu mittags den Grundteig vor. Wir sagen „dampfeln", ich menge Roggenmehl und Hefe mit Wasser an. Diese Teigmasse muss ruhen, damit die Säuerungsprozesse ablaufen. Am Ende lasse ich von diesem Grundteig immer etwas für den nächsten Tag übrig.

Woher bezieht ihr eure Zutaten?

Mehl bekommen wir von Rauch und Wieshofer. Natürlich braucht´s Hefe und Wasser und wichtig sind die Gewürze. Salz darf nicht fehlen. Manche Rezepte sind nur in unserer Familie weitergegeben worden wie zum Beispiel fürs Vollkornbrot. Den sogenannten „Grundsauer" haben wir noch vom Großvater. Immer wieder wird ein „Anstell-Gut" zurückbehalten und das jetzt schon über 30 Jahre!

Wie geht die Arbeit weiter?

Gegen vier Uhr morgen wechselt Philipp die Arbeitskleidung. Je nach Bestellung portioniert, „zählt" er die Backware für die Kunden „ein" und belädt damit unser Lieferfahrzeug. Gegen Fünf macht er sich auf den Weg und beliefert unsere Kunden, das sind neun Spar-Läden, das Hörtnagl Stammhaus im Burggraben, vier Mensen, kleine Gasthäuser – alles wichtige Abnehmer für uns und nicht zu vergessen - unsere eigene Niederlassung vor der Pfarrkirche Hötting. Wir liefern bei jeder Wetterlage...
(Philipp:) Im Jänner musste ich mehrmals die Ausfahrt freischaufeln. Die Schneeketten hatt´ ich am Vorabend aufgezogen, denn morgens um Fünf ist manche Straße noch nicht geräumt. Gott sei Dank geht's in die Stadt hinunter, „oabbi kem´ i imma"!

Und was machst du in dieser Zeit, Gerhard?

Ich bleibe in der Backstube und forme zum Beispiel Brezeln oder Apfelstrudel und backe sie. Bis dann Philipp zurückkommt, ist es halbacht Uhr. Für ihn ist dann Arbeitsende. Er legt sich nieder bis eins, halbzwei. Für mich geht's weiter: Gegen zehn Uhr fahr´ ich in die Stadt, um Besorgungen zu machen oder noch Kundschaft zu beliefern. Für mich hört der Tag gegen halb zwei auf. Zu dieser Zeit leg´ ich mich schlafen. Von Samstag Nacht auf Sonntag ist arbeitsfrei, da schlafen auch wir zur Nachtzeit. Das ist in unserm Rhythmus. Schwieriger ist´s, wenn du in Urlaub fährst. Da kann es schon sein, dass du ins Wanken kommst.
Philipp: Ich hab den Rhythmus so im Blut, ich hab´s nicht anders erlebt und möchte es auch gar nicht.

Was motiviert dich, Philipp, diesen Beruf auszuüben?

Eine Motivitation ist bestimmt, das, was mein Uropa, mein Opa und mein Papa g´macht haben, weiterzuführen. Und mich treibt´s auch, für unser Brot zu kämpfen, denn echte Bäcker gibt es immer weniger. Leider stiehlt uns das „Industriebrot" die Kundschaft weg. Schwierig ist es, den Leuten nahezubringen, dass wir Handwerk ausüben, das es wertzuschätzen gilt. Wir schieben nicht nur Teiglinge in den Backofen und holen sie nach zwanzig Minuten wieder heraus.

Wie steht´s um deine Motivation, Gerhard?

Ich wünsch´ mir, dass mein Sohn mit dem Verkauf unserer Backware eine Zukunft hat. Ich will ihm dabei nach Kräften unterstützen. Philipp könnte auch sagen, das tu´ ich mir nicht an!... Im Grunde kann ich mir gar nicht vorstellen, was anderes zu tun, als Bäcker zu sein. Es ist so in mir drin, auch wenn ich immer wieder höre: So wie du könnt´ ich nicht leben. Klar sind wir sehr an unser Geschäft gebunden und Urlaub geht sich liefertechnisch schwer aus: „Da spring´n dir and´re bei da Kundschaft eini und du bischt glei weg". Und das will ich nicht.

Woher kommt die Qualität eurer Ware?

Die Güte der Rohstoffe spielt natürlich eine große Rolle. Wir achten beim Gären und Backen auf hochwertige Zutaten, Konservierungsstoffe verwenden wir keine. Die Liegezeiten spielen eine wichtige Rolle. Wir verkaufen nichts Verpacktes.

Was macht euch zu schaffen?

Die Baustelle in der Riedgasse war ein Schlag für uns. Sie hat uns ein Drittel der Kundschaft gekostet. Die Leut´ sind mit ihrem Auto in die andere Richtung abgebogen und haben uns links liegen lassen. Parken war durch die Kanalgräben schlecht möglich. Das war ein heftiger Rückgang! Wir sind derzeit in einer Talsohle und hoffen, dass unser Geschäft nach Freigabe der Riedgasse wieder anzieht. Hinzu kommt, dass das Haus mit unserer Verkaufstelle in Hötting den Besitzer gewechselt hat. Es wird umgebaut und das heißt auch für uns, Umbau ist angesagt. Überhaupt ist uns schon länger auf der Hungerburg die Kundschaft wegbrochen. Nicht nur, dass es immer weniger Hotelunterkünfte gibt. Mit dem Weggang des Spar-Ladens ist der letzte Lebensmittelanbieter hier oben gegangen. Die Leut´ hatten es sehr geschätzt, dort ihr Widmann-Brot zu kaufen.

In der Bibel lese ich: „Ich bin das Brot." - Was sättigt euch?

Uns tät gut, wenn die Leut´ das Brot von uns Bäckern kaufen und nicht das industrielle. Uns wird zwar „g´sagt, ihr habt a guats Brot, doch gekauft wird doch das billige!" Wir wünschen uns ein Wertschätzen unserer Backkunst. Da darf das Brot etwas kosten und nicht unter seinem Wert billig verkauft werden. Wir brauchen eine gerechte Preispolitik!

Klaus, Eva und ich haben gesehen, mit wieviel Einsatz und Liebe zum Beruf ihr für uns Brot backt. Eure Kundschaft soll wieder wachsen und schmecken, wie gut uns das tägliche Bäckerbrot an Leib und Seele tut! Und das darf etwas kosten und nicht billig gemacht werden.

Pfarre St. Nikolaus

Sankt-Nikolaus-Gasse 35, 6020 Innsbruck
Telefon: +43 676 87307086
Bürozeiten:
Dienstag: 10:00 Uhr - 12:00 Uhr
Mittwoch: 8:00 Uhr - 10:00 Uhr
Donnerstag: 17:00 Uhr - 18:00 Uhr
oder nach Vereinbarung


Volltextsuche

Hier finden Sie alles, was in unserer Pfarrgemeinde auf den ersten Blick verborgen ist.

Pfarre St. Nikolaus

powered by webEdition CMS